Unser Jahresrückblick: das Ausbildungsjahr 2020

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Was für ein Wahnsinnsjahr!

Gerade noch haben wir zukunftsgewiss auf ein erfolgreiches 2020 angestoßen, da ließ ein unbekanntes Virus aus China die Welt Kopf stehen – Ende unklar.

Plötzlich und für die meisten von uns unerwartet brach Mitte März der erste Lockdown über uns herein. Zwei Monate lang blieben Schulen, Kitas, Läden, Restaurants, Hotels, Kultur- und Sportstätten geschlossen, soziale Kontakte auf ein Minimum beschränkt. Das hieß nicht nur für unser Team von „Endlich Ausbilden“ auf einmal Home Office statt Teamarbeit, Online-Meeting statt persönliches Gespräch, Webinar statt Seminar. Auch Ausbildungsbetriebe standen deutschlandweit vor der gewaltigen Aufgabe, betriebliche Einschränkungen mit der Ausbildung ihrer Schützlinge unter einen Hut zu bekommen. Die Ansage war klar: Kurzarbeit oder Zwangsurlaub für Azubis nur in Ausnahmefällen, stattdessen eine Ausbildung möglichst im Home Office.

Da stießen die Ergebnisse des DGB-Ausbildungsreports 2019 sauer auf. Dieser bescheinigte Berufsschulen und Ausbildungsbetrieben bereits 2019 eine unzureichende Einbindung digitaler Angebote in die Ausbildung: nur ein Viertel der befragten Azubis erhielt ein mobiles Endgerät vom Ausbildungsbetrieb, ein Drittel beurteilte die digitale Ausstattung an Berufsschulen als „ausreichend bis mangelhaft“. Die Rechnung  für die verschlafene Digitalisierung kam prompt: laut einer im Mai von uns initiierten, bundesweit durchgeführten Studie setzten nur 10% der Azubis ihre Ausbildung im Home Office fort, die überwiegende Mehrheit (68%) verblieb weiterhin im Ausbildungsbetrieb. Nur 33% der Azubis erhielt in der Zeit der Schulschließungen Online-Unterricht durch ihre Berufsschulen. Eine ähnliche Studie des u-form Verlags kam zu dem Ergebnis, dass knapp die Hälfte aller im Home Office arbeitenden Azubis Probleme bei der Umsetzung hatte. Das ganze Ausmaß der Situation zeigte eine Studie des ifo Instituts im Herbst 2020: 72% der Unternehmen, deren Azubis von betrieblichen Einschränkungen betroffen waren, gaben Lücken bei der Wissensvermittlung an – ein Problem, das durch den neuerlichen Winter-Lockdown sicher noch verschärft werden wird.

Und was ist mit dem neuen Ausbildungsjahrgang 2020? Dem „Corona-Jahrgang“, wie er jetzt schon heißt, einer Generation, die Corona-bedingt weder Berufsinformationstage noch Ausbildungsmessen oder Schulpraktika wahrnehmen konnte, und in den wichtigen Monaten vor ihren Abschlussprüfungen quasi auf sich allein gestellt war?

In der im Mai durchgeführten Corona-Sonderstudie des u-form Verlags sagten 73% der Schulabgänger*innen, sie hätten Angst, in der aktuellen Situation keinen Ausbildungsplatz zu finden. Tatsächlich erklärten 14% der vom ifo-Institut befragten Unternehmen, sie hätten die Anzahl ihrer Ausbildungsplätze gesenkt bzw. würden im Ausbildungsjahr 20/21 keine Plätze anbieten. Auch andersherum macht sich die fehlende Berufsorientierung der Schulabgänger*innen bemerkbar: fast 50% aller Unternehmen haben Schwierigkeiten, ausgeschriebene Stellen zu besetzen, vor allem wegen fehlender Bewerbungen. Aktuelle Zahlen des BIBB zeigen, dass das Ausbildungsplatzangebot im Vergleich zum Vorjahr bundesweit um 8,8% gesunken ist, in sowieso schon von Fachkräftemangel betroffenen Berufsgruppen sogar um 10%. Die Zahl neu abgeschlossener Ausbildungsverträge sank um 11% und liegt damit erstmals in Deutschland unter 500.000. Besonders getroffen sind krisengeschüttelte Branchen wie der Tourismus, die Gastronomie, das Gastgewerbe und das Veranstaltungswesen. Expert*innen warnen schon jetzt, dass die unversorgten Jugendlichen von heute die fehlenden qualifizierten Fachkräfte von morgen sein werden, mit Langzeitfolgen für die Wirtschaft.

Ein Zeichen setzen wollte die Bundesregierung mit ihrer im August gestarteten Ausbildungsplatzoffensive. Die Corona-Prämien von bis zu 3000€ für neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zeigten allerdings bis zum Jahresende kaum Wirkung: nur 6% aller Ausbildungsbetriebe stellte bisher einen Antrag, nur 20.300 aller Förderprämien wurden bis zum 1. Dezember bewilligt. Ob das am 11.12. nachjustierte Programm vor dem Hintergrund des aktuellen Winter-Lockdowns überhaupt einen Effekt haben wird, bleibt abzuwarten.

Ein herausforderndes Jahr für alle also – Azubis, Unternehmen, Bewerber*innen – und der Weg aus der Krise heißt Digitalisierung aufholen. Laut unserer Studie begannen bereits im Mai 2020 20% der befragten Unternehmen damit, digitale Ausbildungsstrategien umzusetzen, Tendenz steigend. Im Sommer fanden die ersten großangelegten Online-Ausbildungsmessen online statt, und Webinare zum Online-Azubirecruiting sind aktuell sehr gefragt.

Auch wir von „Endlich Ausbilden“ haben die Krise als Chance begriffen. Nach einigen personellen Ab- und Neuzugängen sind wir mittlerweile zu einem festen, engagierten Frauenpower-Team zusammengewachsen. Das Jahr 2020 haben wir verstärkt genutzt, um berlinweit Kooperationen mit Multiplikatoren in der Wirtschaft aufzubauen. Gleichzeitig verfolgten wir ständig die neuesten Entwicklungen und Beschlüsse, um unsere Unternehmen immer mit den aktuellsten Informationen rund um das Thema Ausbildung zu versorgen. Ob per Telefon, per Mail oder mit Abstand persönlich vor Ort – wir blieben ansprechbar und offen für Nöte und Fragen. Darüber hinaus mauserte sich unsere Website zu einem beachtlichen Informationsportal in der Corona-Zeit – und das nicht nur für Unternehmen, sondern auch für hilfesuchende Jugendliche. Denn auch für diese hatten wir ein offenes Ohr und unterstützten mit persönlicher Ansprache und viel Engagement bei der beruflichen Orientierung. Besonders stolz sind wir in diesem Jahr auf die von uns im ersten Lockdown initiierte Umfrage zur Ausbildungssituation, die nach ihrem Start in Berlin sogar bundesweit unter 844 Unternehmen durchgeführt wurde. Auch unser Newsletter, bereits dreimal erschienen, freut sich über einen stetig wachsenden Verteiler. Und auf Instagram gehen wir steil auf die 500 Follower zu –whoop whoop!

Ins neue Jahr starten wir voller Ideen und neuer Ansätze. Wir sind fest entschlossen, uns von Corona nicht unterkriegen zu lassen. In diesem Sinne: lasst uns anstoßen – online und sicher, natürlich – auf ein erfolgreiches Ausbildungsjahr 2021!

„Prost!“ sagt

euer Team von „Endlich Ausbilden“- Manja Berte, Nora Zender, Karen Schröter und Armenuhi Welz (auf dem Foto leider schon im Urlaub)

Team "Endlich Ausbilden" sagt Prost! Unsere Kollegin Armenuhi weilte leider schon im wohlverdienten Urlaub.